Und wieder schreibe ich ein Kapitel aus meinem Leben.
Das weiße leere Blatt, besudelt mit meinem Blut.
Anders geht es nicht, wird es nie gehen.
Ich blättere die Seiten um.
Schreiben. Lesen.
Festhalten, was nicht zu halten ist.
Greifen, was nicht zu begreifen ist.
Ich hänge dran wie Damokles Schwert
an seidenem Faden.
Es wird keinen Faden geben, dem ich folgen kann.
Mein Leben hat keinen Faden.
Mein Leben hat Straßen
und verlaufen kann man sich.
Die Straßen sind hart.
Und dennoch sind sie mit Gold gepflastert.
Oder ist es nur eine Illusion, die die Sonne hervorruft.
Komm näher.
Dann kannst Du es vielleicht sehen.
Oder auch nicht.
Mein Leben.
Im Fernsehen kommt die Waschmittelwerbung.
Es soll alles so aussehen wie neu.
Wer will das schon.
Wer will das schon im wirklichen Leben?
Aussehen wie neu.
Ha.
Man muß sie sehen können, die Spuren der Vergangenheit.
Wie Narben, sichtbar gewordene Erinnerungen.
Trinke mein Blut, laß Dich anstecken von meinem Fieber.
Ein Leben lang wird es mich nicht verlassen.
So oft gewaschen und doch wie neu.
Wer will das schon?
Neu sein.
Wer will ein T-Shirt, das so leer und unbeschrieben ist, wie es an seinem ersten Tag war?
Wer will ein T-Shirt, das so aussieht wie neu?
Wer will seine Spuren verwischen, immer glänzen?
Der staubbedeckte Krieger ist es, dem wir zuhören wollen,
und nicht dem perlweiß-perwollgewaschenem Muttersöhnchen.
Und wieder schreibe ich ein Kapitel aus meinem Leben.
Mit Blut bekommt das weiße Blatt Bedeutung,
werden die Erinnerungen sichtbar.
Wer will schon einen leeren Block,
voller weißer Blätter.
Mein Leben
besteht nicht aus weißen Seiten.
Gisela Nagy, 24.01.1999